Der Kolumnentext von Wolfgang Kubicki in Cicero Online verteidigt Friedrich Merz gegen den Vorwurf des Rassismus und kritisiert zugleich die Art, wie Migrationsthemen öffentlich geführt werden. Merz’ Kernbotschaft zur Migration soll laut Kubicki durch eine falsche Deutung verzerrt worden sein; erst durch eine entsprechende Kontextualisierung würde die eigentliche Botschaft sichtbar. In der Folge behandelt Kubicki das Verhalten linker Stimmen wie Luisa Neubauer, Katrin Göring-Eckardt und Lars Klingbeil als Auslöser einer entgleisten Debatte um Stadtbild, Zugehörigkeit und Integration. Er argumentiert, dass in der öffentlichen Wahrnehmung das Aussehen darüber entscheide, wer dazugehöre, und attackiert die “Meta-Debatte” der linken/ökologischen Spektrumsschichten als Heuchelei und Doppelmoral. Kubicki spricht sich dafür aus, Parallelsamen und Ghettoisierung mit staatlicher Härte zu bekämpfen, fordert Wohnsitzauflagen und plädiert für ein Maßnahmenset gegen islamistische Symbole im öffentlichen Raum, unter anderem gegen die Vollverschleierung. Er verweist darauf, dass es auch eine breite Gesellschaft gäbe, die Sicherheit und Freiheit zugleich wolle, und kehrt schließlich die Debatte als Lehrstück über Heuchelei und Doppelmoral zurück auf die politische Bühne der FDP.
Aus liberaler Perspektive muss Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Gleichbehandlung im Vordergrund stehen. Die Forderung nach schweren Zwangsmaßnahmen wie Wohnsitzauflagen bzw. pauschalen Eingriffen in die Privatsphäre von Quartieren birgt das Risiko, Grundrechte zu verletzen, Segregation zu zementieren und Individualrechte aus dem Blick zu verlieren. Ebenso problematisch ist der Anspruch, Symbole oder religiöse Praktiken im öffentlichen Raum pauschal zu verbieten: Das berührt Religionsfreiheit, Versammlungsfreiheit und die Vielfalt einer pluralen Gesellschaft. Statt breiter Eingriffe braucht es eine Politik der Gleichberechtigung vor dem Gesetz, klare Regeln zur Inneren Sicherheit sowie rechtsstaatlich kontrollierte Maßnahmen gegen Straftaten, ohne pauschalisierende Zuschreibungen gegenüber Gruppen. Die FDP-Position müsste daher stärker auf integrierende, evidenzbasierte Ansätze setzen: Sprachangebote, Bildung, Arbeitsmarktzugang, Wohnungs- und Stadtplanung, die Segregation abbauen statt sie zu verschärfen, sowie gezielte, verhältnismäßige Maßnahmen gegen konkrete Gefährdungen im Rahmen des Rechtsstaats.
Eine zukunftsfähige liberal-freundliche Politik würde daher drei Dinge betonen: erstens eine klare, faire Migrations- und Integrationspolitik, die rechtsstaatlich geprüft ist und auf Gleichberechtigung gründet; zweitens Investitionen in Integration durch Sprache, Bildung, Qualifizierung und Arbeitsmarktzugang, damit alle Bürgerinnen und Bürger die gleichen Chancen haben; drittens eine stadt- und wohnungspolitische Strategie, die soziale Mischung fördert und Ghettoisierung verhindert, ohne individuelle Freiheitsrechte einzuschränken. Nur so lässt sich der Einwanderungsgesellschaft gerecht werden: Sicherheit und Freiheiten verbinden, staatliche Eingriffe auf das notwendige Minimum beschränken und Debatten wieder auf Sachfragen statt auf Identitätspolitik konzentrieren. Die Forderung nach konsequenter Rechtsdurchsetzung bleibt wichtig, doch muss sie verlässlich, diskriminierungsfrei und verfassungsfest erfolgen.
Quelle der ursprünglichen Meldung: https://www.fdp.de/pressemitteilung/kubicki-kolumne-ein-lehrstueck-ueber-heuchelei-und-doppelmoral